Vorläufige Bilanz des 1. Halbjahres 2015

Verfasst von Kornelia Stock am .

Der Vermehrungsgarten wächst langsam aber sicher. 4500 qm zu einem Schau- und Lerngarten mit dem Schwerpunkt Erhalt alter, samenfester Sorten zu machen, ist nicht ganz einfach. Gärten wachsen wie Pflanzen langsam. Wir lernen viel, schulen unsere Fantasie und kommen Stück für Stück voran.

Unsere bisherigen Erfahrungen in diesem Frühjahr:
Wir haben einen schweren, lehmigen Boden, der lange gebraucht hat um warm zu werden. Für die Erbsenaussaaten haben wir deshalb Sand in die Saatrinnen gegeben, der sich schneller erwärmt hat. Durch die regelmäßige Mulchdecke bleibt der Boden lange feucht und wird langsam lockerer. Damit kann man perspektivisch gut arbeiten.

Es war lange zu trocken und zu lange war es nicht durchgehend warm genug für viele Pflanzen.
So sind die Tomaten und Kürbisse im Freiland nur langsam gewachsen. Waren sie zuvor nur ab 10 Grad Celsius zum Abhärten im Freien, mussten sie, einmal ausgepflanzt, auch die Frühtemperaturen von 5, 6 Grad erdulden. Sie sind nicht eingegangen, aber gut gewachsen sind sie erst einmal nicht. Seit es durchgängig wärmer ist, legen sie zu.

Durch die Trockenheit, eigentlich hat es seit Februar nicht ausreichend geregnet, sind viele Aussaaten, wie z. B.  Blumen, nicht gekeimt.  Erst jetz,t seit es Ende Juni wieder geregnet hat, wachsen sie los. Die Aussaaten von den Bohnen sind bis zur Keimung gegossen worden, sonst wären sie nichts geworden. Für Auspflanzungen reicht die Feuchtigkeit im Boden aus, die Jungpflanzen bilden so tiefere Wurzeln und können sich gut versorgen.

Auch für unsere Heukartoffeln ist es in diesem Jahr zu trocken. Im letzten Jahr hat es immer wieder geregnet und sie sind gut gewachsen. Die Knollen liegen ja in etwas Kompost gebettet auf den Pappen und haben noch keinen Bodenanschluss. In diesem Jahr haben wir deshalb einen Teil verloren, weil die Knollen vertrocknet sind. Wir gießen, aber wir sind zumeist nur 2 – 3 mal in der Woche vor Ort. Bei den meisten Kulturen, Erbsen, Salate wird stattdessen gemulcht oder gehackt, der Boden ist feucht. Mulchen und Hacken verringert die Austrocknung, so dass die Pflanzen nicht gegossen werden müssen. Es wird aber wohl genügend Heukartoffeln zum Essen geben und hauptsächlich geht es ja darum, dass das Gras nicht weiterwachsen kann und der Boden gelockert wird. Und daran sind auch Tiere, wie Regenwürmer, aber auch Maulwürfe und Mäuse, beteiligt.

Der Garten ist im Aufbau und es braucht Zeit bis er eingewachsen ist. Das Feld welches wir im letzten Jahr schon bewirtschaftet haben und die Kräuterstreifen sehen schon recht üppig aus. Das Feld auf dem wir erst seit diesem Frühjahr etwas anbauen braucht noch Zeit bis auch hier das Wachstum üppiger ist.
Einiges ist gut im Werden. Die Erbsenvielfalt ist nun gut zu erkennen, hohe und sehr niedrige Sorten, weiß und bunt blühende Sorten, grüne und eine blauhülsige Sorte sind vertreten. Sorten aus der Genbank, von Sortenpaten des VEN und von Privatleuten, Winter-, Schal-, Mark- und Zuckererbsen sind vertreten. Durch regelmäßige Dokumentation werden Sortenbeschreibungen entstehen und wenn es ausreichend Saatgut gibt, werden wir davon abgeben.

In den Schneckenzaunbeeten wachsen nun Buschbohnen relativ gesichert. Es gibt eine ganze Anzahl an Einbohnen, das sind Buschbohnen, von denen immer nur ein Kern pro Pflanzstelle gelegt werden muss und die durch buschiges Wachstum und guten Ertrag überzeugen sollen. In den meisten Fällen kommen sie aus klimatisch schwierigen Gebieten wie dem Eichsfeld, dem Hunsrück und der Eifel. Warum das so ist, ist bisher nicht bekannt. Einige Einbohnen kommen aus der Genbank und haben statt eines Namens nur eine Nummer. Von einer Frau aus Freiburg haben wir Saatgut einer Buschbohne mit Namen „ Long Imuna“ erhalten, die sie bei einem Besuch bei Freunden in Hannover kennengelernt hat. Die Buschbohne soll hier seit 1913 angebaut worden sein. Die Buschbohne „Bravo“, ebenfalls aus der Genbank, ist von Frau Dorothea Schneider aus Uelzen gezüchtet worden. Mit Frau Schneider, einer hochbetagten Dame, habe ich vor einigen Jahren telefoniert und dieses dabei erfahren. Leider kann Frau Schneider nicht mehr telefonieren und reisen und uns Weiteres über die Sorte berichten. Wir werden eine Sortenbeschreibung erstellen und zusehen, dass diese Sorte weiterhin angebaut wird. Erst einmal gewöhnt sie sich an den Vermehrungsgarten, an den Boden und das Klima hier.
Ebenfalls haben wir die Buschbohne „Paas Lintorfer Frühe“ ausgesät. Einem Sortenpaten des VEN ist es im letzten Jahr gelungen, sie bei Slow Food als Archepassagier in die Arche des guten Geschmacks zu bringen. Gelungen ist dieses auch, weil es möglich war die Geschichte dieser Sorte zu recherchieren. Die ersten Buschbohnen blühen und haben Früchte angesetzt, so gibt es bei den Buschbohnen bald einiges zu sehen.

Neben den unterschiedlichen Pflanzen gibt es Besuch von Tieren, die unsere Fantasie anregen. Wir verstehen nicht immer was sie antreibt und wie wir ihnen verdeutlichen können, dass wir ihnen nicht alles durchgehen lassen.
Es gibt Schnecken, die es den Stangenbohnen schwer machen zu wachsen. Ferramol, ein Scheckenkorn auf Eisenbasis hilft etwas. Zusätzlich schützen wir sie mit Gläsern, damit sie ungestört wachsen können. Wir hoffen, dass die ersten Stangenbohnen, wenn sie erst einmal begonnen haben die Stangen empor zu wachsen, endlich in Ruhe gelassen werden.

Wir machen zudem Erfahrungen, welche Pflanzen von Schnecken verschmäht werden: die Bartnelken und Malven essen die Schnecken nicht einmal in der Not, sie erfreuen uns mit ihren Blüten. Ebenfalls von den Tieren nicht beeinträchtigt wachsen die Moschuskürbisse "Trombette de Albenga" und die Freilandgurke "Jasser".

Die Schneckenzaunbeete sind aufgebaut und zwischenzeitlich schneckenfrei, so dass hier einiges wächst. Aber es gibt ja noch andere Tiere. Noch ist der Zaun nicht so dicht, dass keine Kaninchen hinein können. Sie mögen Salat und Kohl, die Umrandung der Schneckenzaunbeete können sie überwinden. Auch den Krähen gelang es in die Schneckenzaunbeete zu kommen. Lange waren wir ratlos, nun haben wir Geschenkband gespannt, es flirrt im Wind und das hält sie wohl ab. Zusätzlich sind einige Pflanzen durch Salathütchen geschützt.
Diesen Schutz konnten auch die Krähen nicht beseitigen. Zum Gießen eingegrabene Plastiktöpfe haben die Krähen immer wieder herausgeholt und im Gelände verteilt. Sie mögen auch keine roten Pflanzen, wie den roten Salat "Red salat bowl", Perilla und Sedum. Diese wurden von ihnen vollständig zerfetzt. Die gespannten Geschenkbänder und Salathütchen halten sie zwischenzeitlich ab. Zudem haben wir blinkende CDs an Stangen gebunden, die für optische Unruhe sorgen.

Weitere, sehr nützliche Tiere sind die Bienen, die wieder in die Bienenkisten eingezogen sind. Es sind junge Völker, die damit begonnen haben neue Waben zu bauen und die langsam wachsen und im Vermehrungsgarten und bei den Kleingärtnern für eine gute Bestäubung sorgen.
Die Jugendgruppe des NABU hat uns ein Insektenhotel gebaut. Recht schnell sind die ersten Röhren angenommen worden.
Schon im April hatte ich vereinzelt Hornissen im Garten gesehen. Seit zwei Wochen haben sie sich im alten Apfelbaum eingenistet. Eine Wächterin passt auf, dass kein Fremder ins Nest kommt und wir haben den Einflugbereich abgesperrt, damit es nicht zu Störungen kommt. Wir sind stolz darauf, dass die Hornissen unseren Garten bevölkern, als Raubinsekten helfen sie mit die kleinen tierischen Schädlinge zu beseitigen.

Der Garten ist im Aufbau und mit der Unterstützung von Freiwilligen kommen wir langsam voran.  Es kommen Leute mit und ohne eigenem Garten, sie kommen regelmäßig oder gelegentlich, wenn es Job, Familie etc. erlauben. Es ist gut, dass es zwischenzeitlich einen kleinen, festen Stamm an MithelferInnen gibt, die den Gartenaufbau, die Entwicklung bestimmter Bereiche aktiv mit angehen und begleiten.
Zu den Mitarbeitsterminen können gern noch mehr Leute kommen. Für jede praktische Unterstützung bin ich dankbar. Derzeitig schaffen wir nur die Pflege der bestehenden Strukturen und Kulturen, neue Projekte, wie z. B. die Anlage der Naschbeete, werden noch dauern.
Es gehört etwas Mut dazu zu kommen und die Erfahrung zu machen, es ist eine nette Gemeinschaft, die da am Werk ist. Gärtnerisches Wissen, bestimmte Fähigkeiten werden nicht vorausgesetzt. Auch für Neulinge finden wir Aufgaben. Bei der Fülle an Aufgaben die anstehen finden wir immer etwas, was angemessen ist: im Schatten, in der Sonne, mit Spaten oder filigran und meditativ. Und Fragen sind immer möglich und werden beantwortet.

Seit April gibt es an jedem zweiten Sonntag um 15 Uhr eine Führung. Dieses hat sich als eine gute Maßnahme erwiesen, weil es nicht immer möglich ist, die Fragen von spontan vorbei kommenden BesucherInnen sofort zu beantworten. Die Zeit bei den Mitmachterminen ist knapp, manches muss unbedingt an dem Tag erledigt werden, die Helfer brauchen Anleitung und haben Fragen zu dem was sie gerade tun. Aber bei den Führungen sind dann die BesucherInnen dran und können erfahren, was wir treiben, warum wir was wie machen und, und und..