Im Schnee haben wir am 18. März 2018 mit der Gartenarbeit begonnen und nach dem letzten Garteneinsatz Mitte November sind wir auf dem Rückweg von den ersten Schneeflocken des Winters getroffen worden. Nun ist Schnee kein typisches Wetterphänomen dieser Gartensaison gewesen.
Es gab Sommer reichlich, von April bis Oktober, mit sehr viel Sonne, großer Hitze und nur sehr wenig Regen. Viele Aussaaten keimten und wuchsen nur, weil gegossen wurde. Die seltenen und kurzen Regenphasen und -mengen reichen nicht aus, um das Wachstum zu garantieren. So litt alles was nicht gegossen wurde. Bei vielen Kulturen war immer wieder die Frage, kann man das jetzt säen oder ist es klüger, auf trüberes Wetter und Regen, vielleicht in der kommenden Woche, zu warten. So wurde in dieser Gartensaison einiges nicht gesät und gepflanzt.
Für viele Kulturen war die Saison eine wirkliche Belastungsprobe. Stangenbohnen brauchen Wärme zum Keimen, die war im Mai ausreichend vorhanden, für Wasser musste grundsätzlich gesorgt werden. Stangenbohnen blühen zwar, aber fruchten schlecht, wenn es zu heiß ist. So war es keine ertragreiche Stangenbohnensaison. Zum Glück waren wir in den vergangenen Jahren erfolgreich, Bohnensaatgut bleibt einige Jahre keimfähig und so werden wir im kommenden Jahr weiter machen mit dem Anbau und Erhalt der Bohnen.
Der Folientunnel ist eine wunderbare Sache, die Pflanzen wachsen geschützt und warm. In diesem Jahr war es oft viel zu warm und es konnte nichts mehr für eine bessere Belüftung getan werden. Wir machten die Erfahrung, dass Mexikanische Minigurken und Inkagurken wie Stangenbohnen bei zu großer Hitze nicht gut fruchten. Hier gab es erst ab September Früchte.
Auch unseren Tomaten war es zu heiß, es gab Sonnenbrand auf einigen Früchten und einige Pflanzen vertrockneten. Saatgut konnte aber gewonnen werden und wie in den letzten Jahren haben wir neue Sorten ausprobiert. Bei der Sortensichtung konnten sie von den BesucherInnen probiert werden. Die Sorte Bianca, eine hellgelbe Cocktailtomate, wurde bei der Sortensichtung als sehr lecker bewertet, ebenso die Cocktailtomate „Primabella“, die auch freilandtauglich ist und die „Gelbe Salattomate aus Orenburg“. Auch von diesen Sorten geben wir zukünftig Saatgut weiter.
Bei den Kürbissen wollten wir drei neue Sorten ausprobieren. Bei einem Eichelkübis, ein Pepo-Kürbis - benannt nach der Fruchtform, keimte das Saatgut nicht. Der Maxima-Kürbis „Lakota“ und der Moschus-Kürbis „Futsu Kurokawa“ entwickelten sich dank regelmäßigem Gießen gut. „Lakota" ist dem Hokkaido-Kürbis ähnlich. „Futsu Kurokawa“ ist ein Kürbis für die Großstadt mit vielen Single-Haushalten, denn die Früchte werden nie über 1,2 Kilo schwer. Sie sind nichts für die schnelle Küche, also etwas für Slow Food. Sie müssen geschält werden, was sich bei den vielen Falten für eine Achtsamkeitsübung anbietet. Aufgeschnitten duften sie angenehm. Ihr Fleisch kann auch für Rohkostsalate genutzt werden. Sie haben auch nicht den typischen Hokkaidogeschmack. Sie sind also einen Anbauversuch wert.
Wieder haben wir zwei Zuckermaissorten angebaut und vermehrt. Wir kennen die riesigen Maisfelder für die Biogasanlagen und verpassen, das leckere Gemüse im Garten anzubauen und auf unsere Teller zu holen. Zuckermais muss frisch aus dem Garten genutzt werden, liegt er herum, wandelt sich der Zucker in Stärke um und er ist nicht mehr süß und lecker. Wichtig ist auch, Mais im Quadrat oder Kreis anzubauen. Die Maispollen sind sehr schwer und werden vom Wind auch nur sicher auf die Maisblüten in der Nähe getragen. Wer das beim Anbau berücksichtigt, hat in der Regel gute Erträge. Dabei gab es in Deutschland schon mal einen Mais Boom. Leonhard Fuchs stellte 1542 fest: „Mais kommt in alle Gärten, fast überall!" Lange war der Anbau der verschiedenen Maissorten üblich. Den Nationalsozialisten gelang es dann, den Maisanbau in den Gärten komplett zu verdrängen. Es ist also Zeit, das wir hier aktiv zu werden.
Mit einem türkischen Blattkohl „Lahana“ und der weißen Bete „Blankoma“ waren wir bei zwei zweijährigen Kulturen in der Vermehrung erfolgreich. „Lahana" konnte als frostfeste Sorte einfach auf zwei Beeten im Freiland überwintern und im Frühjahr in Blüte gehen. Gestützt an Stangen entwickelten sich an den hohen Pflanzen viele Blüten, die Samen waren im Juli reif und warten nun darauf, in vielen hannoverschen Klein- und Hausgärten angebaut zu werden. In den USA ist collard green (Blattkohl) seit langem als Superfood auf dem Markt. Bei uns kann er öfter angebaut und genutzt werden.
Die Wurzeln der weißen Bete „Blankoma“ wurden im Keller in Sand über den Winter gebracht und im Frühjahr wieder ausgepflanzt. Auch von dieser Sorte steht jetzt Saatgut zur Verfügung. Ein Vorteil ist, dass es keine Verfärbungen der Hände bei der Verarbeitung gibt. Beim Erhalt von Beten muss immer berücksichtigt werden, dass sich verschiedene Sorten der Bete und alle Mangoldsorten miteinander verkreuzen können. So kann immer nur eine Sorte vermehrt werden. Der Aufbau einer Vielfalt an Sorten dauert also etwas. Aber wir haben ja Zeit.
Ein weiterer Versuch bei der Vermehrung zweijähriger Kulturen betrifft den roten Wirsing „Cavalo verza“. Nachdem sich wunderschöne Pflanzen mit großen Umblättern entwickelten, haben wir einige Köpfe für die Küche geerntet. Trotz der Hitze waren große Köpfe mit zarten Blättern entstanden, die gut geschmeckt haben. Nun sind mehrere Pflanzen gut eingepackt in den Winter geschickt worden. Wenn es gelingt, werden im folgenden Jahr wieder Kohlpflanzen beim Blühen und Fruchten zu erleben sein.
Der Vermehrungsgarten entwickelt sich weiter zum Schau- und Lerngarten. An sieben Terminen kamen BesucherInnen zu Führungen ist den Garten. Hierzu wurde auch im Rahmen der Offenen Pforte geworben. Wir stellen unser Konzept, unsere Arbeitsweise und die Kulturen und Sorten vor. BesucherInen staunen immer wieder über die Vielfalt und die oft simplem Maßnahmen im an der Permakultur orientierten Anbau: Beet-Abdeckung mit Pappen für den Anbau von Kartoffeln und Kürbissen. Regelmäßiger Mulch auf den Beeten sorgte dafür, dass das Wasser nicht so schnell verdunstete und der Boden trotz Hitze locker und bearbeitbar blieb.
Neben den festen Terminen der Führung ist es nicht möglich, spontan den Garten erklärt zu bekommen. Zu den Mitarbeitsterminen stehen die Organisation der Arbeit und die Anleitung der MithelferInnen im Fokus. Da es uns schon darum geht unsere Arbeit zu vermitteln, mussten wir einige spontane BesucherInnen enttäuschen und bitten, zur nächsten Führung wieder zu kommen.
In diesem Jahr musste viel Wasser gepumpt und gegossen werden. Es gab Sondergießtermine und die ehrenamtlichen HelferInnen kamen gelegentlich an ihre Grenzen. Zur Urlaubszeit wurde ein Notruf gesendet, der wieder einige weitere Unterstützer auf die Arbeit im Garten aufmerksam machte.
In 2018 ist der Aufbau des Vermehrungsgartens weiter vorangekommen. Die Werkstattschule baute uns ein stabiles Pumpenpodest. Die wackelige Konstruktion aus Paletten ist genauso Geschichte wie das selbstgebaute Häuschen für das Kompostklo, das regelmäßig im Winter vom Wind angegangen und gelegentlich fast zerstört wurde. Die Jugendwerkstatt der AGS erstellte ein stabiles Häuschen aus Holz, welches sich in den nächsten Jahren weiter bewähren wird.
Die Hölderlinstraße hat uns weitere Tische und Bänke gebaut und aufgestellt, so dass es jetzt einen gemütlichen Platz für die Arbeitspausen und die Veranstaltungen gibt.
Schon im letzten Jahr entstand die Idee Wasser für´s Gießen mit Sonnenkraft zu pumpen. Das wäre in dieser vergangenen Saison auch eine große Hilfe gewesen. Aber wie so oft geht nicht alles so schnell wie gedacht. Jetzt am Ende der Gartensaison 2018 ist der Plan weit gediehen. Im nächsten Jahr wird für einen zweiten Brunnen gebohrt, dazu wird eine Fläche befestigt, damit Solaranlage und Wasserbehälter sicher stehen. Für die Bohrung und die Solaranlage gibt es schon Zusagen für einen Teil der Kosten. So wird das Projekt u.a. von der Firma Corona Solar gesponsert.
Dank der vielen ehrenamtlichen HelferInnen hat sich der Vermehrungsgarten trotz schwieriger klimatischer Situation gut entwickelt. Zum Ende der Saison kamen sogar noch im November neue MithelferInnen dazu, so dass der Garten gut versorgt in den Winter gehen kann.
Bei allen, die diesem Jahr den Garten durch ihre Mithilfe unterstützt haben, möchte ich mich herzlich bedanken. Es ist gut, dass einige schon seit Jahren regelmäßig und verlässlich dabei sind und dass es immer wieder neue Unterstützer gibt.
Das nächste Jahr startet wieder mit der Saatgutbörse „Säen Sie sich das mal an!“. Am 17. Februar 2019, von 11 bis 15 Uhr, gibt es in der Schwanenburg in Limmer nicht nur Saatgut von verschiedenen privaten ErhalterInnen, sondern auch Informationen zum Thema Erhalt der Vielfalt von alten samenfesten Sorten. Getragen wird die Veranstaltung von ehrenamtlichen UnterstützerInnen, die ihre Zeit geben. Mit der gegebenen Zeit und dem Engagement wollen wir verantwortlich umgehen. Wie immer gibt es auch inhaltliche Beiträge und im Restaurant wird für das leibliche Wohl gesorgt. Für das Küchenbuffet wünschen wir uns wieder eure leckersten Kuchen, die Schwanenburg kümmert sich um ein kleines Gericht in Bio-Qualität und um Kaffee und Getränke. Also bringt Zeit und Muße mit und macht diese 7. Saatgutbörse „Säen Sie sich das mal an!“ zu einer anregenden und erfolgreichen Veranstaltung.
Ich wünsche allen LeserInnen der Internetseite eine entspannte Winterzeit.
Kornelia Stock