Foto: Mahnke
So langsam kommen wir in Hannovers größtem Dorf an. In der Sommerausgabe " Ricklingen Aktuell", einer Beilage der HAZ, erschien folgender Beitrag von Frau Mahnke:
Auf der „Heiligen Wiese“ wachsen jetzt seltene Gemüsesorten
Sie heißen Paas Lintorfer Frühe, Eifel oder Vatterode, Long Imuna oder Bravo – allesamt Bohnensorten, die langsam von unserer Speisekarte verschwinden, weil sie nicht mehr in heimischen Gärten angebaut werden oder werden können. „In Geschäften finden sich fast nur noch einheitliche Sorten, die sich durch einheitliches Aussehen, gute Transportfähigkeit, aber nicht unbedingt guten Geschmack auszeichnen. Die Samen der ursprünglichen Sorte sind hingegen fast nicht mehr zu bekommen. Das ist schade, weil diese ein großer Schatz für unsere Gartenkultur und für unsere Nahrung sind“, sagt Kornelia Stock über das Gemüse, das Jahrzehnte oder Jahrhunderte zum festen Bestandteil der heimischen Küche zählte. Warum also nicht selbst die Vermehrung von traditionellem Gemüse und Kräutern in die Hand nehmen und dafür sorgen, dass seltene, schmackhafte Sorten weiter angebaut und gepflegt werden, dachte sich die studierte Sozialpädagogin und leidenschaftliche Gärtnerin vor zwei Jahren. Flugs nahm sie Kontakt zur Stadtverwaltung auf und handelte nach einigem Hin und Her ein 4500 Quadratmeter großes Grundstück an der Bauerwiese 42, am Ende der Kleingartenkolonie, aus – nach wie vor pachtfrei. Aus dem brach liegenden Gelände, das zuvor von einer Christengemeinschaft für Freizeitaktivitäten genutzt wurde und im Volksmund „Heilige Wiese“ hieß, wurde der Vermehrungsgarten – ein öffentlicher Schau- und Lerngarten mit alten Nutzpflanzen. „Und das passt dann wieder mit dem Image von Hannover als Stadt der Gärten und der Biodiversität zusammen“, ergänzt die nette, aufgeschlossene Hobbygärtnerin nicht ohne Stolz.
Doch es bedarf vieler fleißiger Hände. So treffen sich seit dem Frühjahr 2014 bis in den Herbst hinein zweimal pro Woche – jeweils dienstags und sonntags – Freiwillige ab 14 Uhr und präsentieren sich im Gärtnerschick. „Vier bis acht Leute kommen immer zusammen“, sagt Stock, die das Team leitet und sich über den guten Zuspruch freut. Mit Arbeitsschuhen, oft im Blaumann und Sonnenschutz machen sie sich an die Arbeit. Gleich vorne rechts hinter dem Eingang befindet sich der Steingarten. Ysop, Eberraute, Thymian und Salbei führen dort Regie. Weiter vorn reihen sich acht Schneckenzaunbeete in der Größe von drei mal ein Meter an. Dort ziehen Stock und ihre Mitgärtner seltene Bohnen- und Erbsenpflanzen. „Diese Sorten haben wir größtenteils aus der Genbank, aber wir nehmen gern auch Samen von alten Gemüsesorten von Gärtnern aus unserer Region entgegen“, betont die Gärtnerin, die zugleich Mitglied im Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt ist. Schließlich liegt der Schwerpunkt auf dem, was in Hannover gut wächst. Und Bohnen seien für den lehmigen Boden am Rand der Kolonie geradezu prädestiniert. „Sie lockern den Boden und bringen Nährstoffe hinein“, erklärt Stock. Noch steht die Gruppe um die Hobbygärtnerin am Anfang. Aber: „Unser Garten ist übrigens kein Museum. Er ist frei und kostenlos zugänglich“, betont sie. Wer mitmachen will, kann sich unter www.vermehrungsgarten.de vorab informieren – oder er schaut mal vorbei – Verkostungen vor Ort nicht ausgeschlossen.
Das Foto zeigt Kornelia Stock (links) und Heidemarie Litek, eine freiwillige Helferin, bei der Begutachtung der "Türkischen Wintererbse" im Vermehrungsgarten.